Weihelied

Das Haupt geschmückt mit grünem Reis
Ostara kommt gegangen.
Und wo sie geht da bricht das Eis
Und Wald und Wies‘ ersprangen.
Wie Gold erglänzt der junge Tag,
die Knospen all sich regen.
Aufjubelt was nur jubeln mag
Und atmet Blütensegen.

O gib, die der Walküre gleich
Zu Streit du kamst und Siege
Auch uns die Kraft zu kühnem Streich
Dass Feind um Feind erliege.
Lass unser Banner leuchten weit
In grün-rot-goldnen Farben
Dem Sieger nur nach heißem Streit
Erglüh’n des Sommers Garben

Noch sind wir wie der Lenz so jung
Und quillt uns Lust und Leben.
Und der Begeist’rung hoher Schwung
Verleiht uns höchstes Streben.
Wir streben nach des Wissens Gold,
dass es uns Leitstern werde.
Im Kampfe um der Freiheit Sold
Auf freier deutscher Erde

Umschlungen von der Treue Band
In Jugendsonnenschimmer
Lasst schwören uns mit Herz und Hand
Wir bleiben treu für immer.
Die Treue macht uns kühn und stark
Und gibt die rechte Weihe
Zum Kampf für unsre Deutsche Mark
Sie blühe und gedeihe

Und kehren wir ins Städtchen traut
Das hinter Türmen und Toren
Aus waldumkränztem Kessel schaut
Einsam und traumverloren
Dann jauchzen treu um dich geschart
Dir zu Ostaras Söhne,
Dass Du bewahrst die Deutsche Art
Und Deines Alters Schöne

Ostara-Weihelied, 1894

Die Schöpfer des Ostara-Weiheliedes

Edward Samhaber

Die an der Fassade des Freistädter Rathauses befindliche große Gedenktafel erinnert an Edward Samhaber. Der Sohn eines Finanzbeamten wurde am 26. Dezember 1846 in Freistadt geboren und hieß mit vollem Namen Eduard Mathias Samhaber. Nach der Matura am Stiftsgymnasium Kremsmünster und dem Lehramtsstudium für Germanistik, Geschichte und Geographie an der Universität Wien unterrichtete er am Freistädter Gymnasium. Von 1878 bis 1888 war Edward Samhaber Professor an der Lehrerbildungsanstalt Laibach im heutigen Slowenien, wo er sich auch kulturell betätigte. 1884 gründeten deutsch gesinnte Hochschüler in Laibach die Ferialverbindung „Carniola“. Dieser widmete Samhaber einen Prolog, welchen er beim Gründungskommers am 27. Dezember vortrug. Es steht jedoch nicht fest, ob Edward Samhaber Gründungsmitglied der „Carniola“ war.

1888 bis 1904 unterrichtete Edward Samhaber an der Lehrerbildungsanstalt Linz. 1906 wurde er prov. Direktor des Linzer Mädchenlyzeums. Auch in Linz wirkte er in kulturellen und volksbildnerischen Vereinigungen.

Nach seiner Pensionierung lebte Samhaber als freier Schriftsteller, Literaturwissenschafter, Dramatiker und Herausgeber von Lesebüchern für den Deutschunterricht. Bekannt wurde er als Verfasser von formal meisterhafter Lyrik und durch Nachdichtungen alt- und mittelhochdeutscher Texte, u. a. auch von Walther von der Vogelweide. 1885 wurde Edward Samhaber Ehrenmitglied der Grazer Burschenschaft „Carniola“. 1926 verlieh die Stadt Freistadt ihrem großen Sohn die Ehrenbürgerschaft. Am 27. März 1927 verstarb Edward Samhaber in Linz. In der Dametzstraße und auf dem Pöstlingberg erinnern Gedenktafeln an ihn. Die Stadt Linz würdigte Edward Samhaber mit einem Ehrengrab auf dem St.-Barbara-Friedhof.

In Wien-Penzing (14. Bezirk) erfolgte 1935 die Benennung des „Samhaberplatzes“

In ganz besonderem Bezug zu unserer lieben Ostara stand Edward Samhaber als Schöpfer unseres Ostara-Weiheliedes, dessen letzte Strophe uns nicht zuletzt auch den kulturellen Bezug der Stadt Freistadt vor Augen führt:

„Und kehren wir ins Städtchen traut, das hinter Türmen und Toren aus waldumkränztem Kessel schaut, einsam und traumverloren. Dann jauchzen treu und um dich geschart dir zu Ostaras Söhne, daß Du bewahrst die deutsche Art und deines Alters Schöne.“

Das Weihelied in einer Illustration von AH Dichtl, 1922

Franz Neuhofer

Franz Neuhofer, der unser Weihelied vertonte, wurde am 8. September 1870 in Freistadt geboren. Nach seiner Ausbildung in Linz wurde er 1889 Volksschullehrer in Freistadt und 1895 Musikprofessor am hiesigen Gymnasium. Von 1889 bis 1903 leitete er den Männergesangverein Freistadt und gründete dort auch ein eigenes Schülerorchester. 1903 wurde Neuhofer Professor am Gymnasium und 1912 an der Lehrerbildungsanstalt in  Linz. Von 1905 bis 1933 bekleidete Neuhofer auch die Stelle des Linzer Domorganisten.

Zur 60-Jahr-Feier des Freistädter Gymnasiums wurde im Jahr 1927 in der Liebfrauenkirche die von Franz Neuhofer aus diesem Anlass komponierte „Missa academica“ uraufgeführt. Als Komponist sah sich Neuhofer in Nachfolge Anton Bruckners dem Stil der Hochromantik verpflichtet.

Wie Samhaber, wurde auch Franz Neuhofer Ehrenbürger der Stadt Freistadt. 1949 verstorben, erhielt Neuhofer ebenfalls ein Ehrengrab auf dem Linzer St.-Barbara-Friedhof. In Freistadt und Linz sind Straßen, in Ried im Innkreis ein Weg nach Franz Neuhofer benannt.

Quellenangabe
  • J. Lachinger: Samhaber Edward (Eduard Mathias) in: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815-1950 Bd. 9, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1988;
  • R. Flotzinger: Neuhofer, Familie, in: Oesterreichisches Musiklexikon, Bd. 3, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 2004, S. 1602f;
  • O. Wessely: Neuhofrer Franz Karl, in: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815-1950, Bdf. 7, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1978, S. 86;
  • Österreich-Lexikon AEIOU, Seite „Prominente Bürger und Gäste unserer Stadt“ auf www.linzansichten.at;
  • Wikipedia: Edward Samhaber; Franz Neuhofer